Sterben ist ein Teil des Lebens – bis zum Tod

1967 gründete Cicely Saunders das St. Christopher´s Hospice in London und setzte mit diesem Haus ein sichtbares Zeichen dafür, dass sterbenden Menschen Raum in unserer Gesellschaft zusteht. Zeitgleich erschien in den USA das damals Aufsehen erregende Buch „Interviews mit Sterbenden“ von Elisabeth Kübler-Ross. Sie rückte das emotionale Erleben von schwerkranken Menschen und ihre Auseinandersetzung mit dem nahenden Tod ins Zentrum der Aufmerksamkeit.

Beide Frauen gehören zu den Wegbereiterinnen der modernen Hospizbewegung. In Deutschland wurde sie in den 80er Jahren  von ehrenamtlich engagierten Menschen aufgebaut und getragen. Bis heute hat sie sich in einer Vielzahl von Einrichtungen mit unterschiedlichen Unterstützungsangeboten etabliert.

Bürgerschaftliches Engagement ist ein wesentliches Merkmal der Hospizarbeit geblieben. Die Begleitung von schwerstkranken und sterbenden Menschen in der letzten Lebensphase steht dabei im Mittelpunkt. Die Unterstützung der Angehörigen gehört immer dazu.

Die Hospizbewegung schuf die Basis für die Entwicklung eines neuen Zweigs der Medizin: die Palliativmedizin. Wenn eine Erkrankung nicht mehr heilbar ist, setzt Palliativmedizin ihr Können zur Linderung von Schmerzen und anderen krankheitsbedingten Symptomen ein. Ziel ist der Erhalt von Lebensqualität für den erkrankten Menschen. Hierzu leisten auch die speziellen Kenntnisse in der palliativen Pflege einen unverzichtbaren Beitrag.

Im Miteinander von Hospiz- und Palliativarbeit und damit in der Zusammenarbeit von speziell ausgebildeten Ärzten, Pflegekräften, Psychologen, Sozialarbeitern, Seelsorgern und ehrenamtlich tätigen Mitmenschen liegt heute die große Chance für schwerkranke Menschen und ihre An- und Zugehörigen, in der existenziellen Krisensituation des nahenden Lebensendes so umfänglich wie gewünscht und möglich unterstützt zu werden.

Hospiz- und Palliativarbeit betrachten das Sterben als einen Teil des Lebens, als einen Vorgang, der weder verkürzt noch künstlich gegen den Wunsch des sterbenden Menschen verlängert werden soll. Gemeinsames Anliegen ist es, schwerkranke Menschen so zu unterstützen, dass sie bis zuletzt selbst bestimmt leben und in Würde sterben können. Diese lebensbejahende Grundhaltung schließt aktive Sterbehilfe aus.

Hospiz- und Palliativarbeit orientiert sich an den individuellen Bedürfnissen der betroffenen Menschen. Dabei sind neben den körperlichen Bedürfnissen immer auch die sozialen, die emotionalen und spirituellen Bedürfnisse am Lebensende im Blick. Ganzheitliche Betreuung in diesem umfassenden Verständnis ist nur multiprofessionell und interdisziplinär möglich und ruht in der täglichen Praxis der Hospiz- und Palliativarbeit auf vier tragenden Säulen.

Palliativpflegerische Betreuung

Eine fortschreitende Erkrankung erfordert oft eine intensive und spezielle Pflege. Die Fachpflegekräfte in der Hospiz- und Palliativarbeit sind eigens ausgebildet und besitzen spezielle Kenntnisse, um auf die besonderen Bedürfnisse und Anforderungen sterbender Menschen angemessen eingehen zu können.

Palliativmedizinische Betreuung

Das Ziel der ärztlichen Betreuung liegt darin, durch den Einsatz hochwirksamer Medikamente Schmerzen und andere krankheitsbedingte Symptome zu beseitigen oder so weit wie möglich zu lindern und damit die Lebensqualität bis zum Schluss zu erhalten.

Psychosoziale Betreuung 

Damit ist die umfassende emotionale Unterstützung des sterbenden Menschen und seiner An- und Zugehörigen gemeint. Alle haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in der Hospiz- und Palliativarbeit haben stets den ganzen Menschen im Blick und stehen beim Erleben und Verarbeiten der Gefühle zur Seite, die in Zusammenhang mit der Erkrankung und dem bevorstehenden Tod auftauchen.

Spirituelle Betreuung

Mit dem Lebensende stellt sich oft, auch direkt ausgesprochen, die Sinnfrage. Spirituelle Betreuung zielt nicht auf vorschnelle Antworten, sondern eröffnet dem sterbenden Menschen einen Raum, in dem diese Frage individuell bewegt werden kann. Unabhängig von der Konfession kann die Lebenserfahrung bilanziert und möglicherweise in einen größeren Zusammenhang gestellt werden.